Sie selbst war nicht verheiratet, hatte keine Kinder. Der Verlobte war gestorben, sie wirkte traurig, als sie das sagte, ich wollte auch als Kind nicht weiter fragen. Sie pflegte, trotz ihrer
leitenden Stellung, einen sehr bescheidenen Lebensstil mitten im Ausländerviertel in Nürnberg. Ihre kleine Wohnung war in dem Trubel eine ruhige Oase mit einzelnen Stücken aus Israel, das sie
liebte. Ich hab noch eine israelische Spieluhr von ihr. Einen Gartenzaun gab es allerdings in ihrer kleinen Nürnberger Wohnung nicht. Sie strich dafür unseren Vorortgartenzaun. Ich erinnere mich als
Kind an ihr entspanntes, frohes Sich-Strecken, wie andere, wenn sie aus der Sauna kommen, nachdem sie stundenlang in gekrümmter Position auf einem Hocker verbracht hatte.
Leider ist sie gestorben, bevor ich erwachsen genug war, um sie zu fragen, was ihr das Streichen eines Gartenzauns als höchstes Glück erscheinen ließ.
Was ist für uns das höchste Glück? Bei welcher Tätigkeit sind wir ganz bei uns? Haben wir einen Anker, bei dem wir Entspannung oder Herausforderung, Sinn oder Befreiung vom Sinn empfinden, wo wir
ganz bei uns sind? Sich um Kinder oder Tiere kümmern, ist für viele Menschen das Tor, um mehr sie selbst zu sein. Andere gehen in ihrer Musik auf. Oder im sturen Sporttreiben oder allein in der
Natur. In Ruhe die Buchhaltung machen oder mit Freunden kochen. Was ist Ihr höchstes Glück? Was ist das Besondere daran und was bewirkt es bei Ihnen? Es lohnt sich darüber nachzudenken, wo man
ankert.
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Die später veröffentlichten Beiträge
Tja, das höchste Glück ist für mich der Moment alles loslassen zu können und sich sozusagen zu verlieren. Neben vielen Momenten mit meiner Frau und anderen wichtigen Menschen in meinem Leben spüre ich dieses Gefühl auch beim Stadionbesuch. Im Frankenstadion in der Nordkurve zu stehen und kurz vor Spielbeginn mit ca. 50000 anderen Menschen "Die Legende lebt" zu singen, ist so ein Gänsehaut-Moment. Man steht mit allen anderen im Einklang und kann sich selbst vergessen und auf dieser gemeinsamen Welle schwimmen.
Jan M., 28 J.
Schwimmen und Rasenmähen sind beides Dinge, bei denen ich in den "Flow" komme. Beides "schneidet" einen von der Außenwelt ab. Sei es durch das Wasser oder durch das Geräusch des Rasenmähers. Nichts erscheint wichtiger, als der nächste Schwimmzug oder die Aussicht auf den "englischen Rasen". Damit es gut funktioniert, sind gleichmäßige Bewegungen ohne Hast nötig.
Anke H., 45 J. Sie bloggt als Notaufnahmeschwester
Mein Moment ist das Umziehen nach der Arbeit. Ich komme heim und bevor ich etwas anderes tu, gehe ich ins Schlafzimmer und ziehe Freizeitkleidung an. Wenn ich auf dem Weg dahin angesprochen werde, ist mein gesamter Rhythmus gestört. Normalerweise gehe ich die Treppe hoch, zieh das Jackett aus… wenn die Krawatte und der Gürtel aufgehängt sind, ist auch die Arbeit weggehängt. Dann zieh ich etwas an, in dem ich mich wohlfühle und bin in dem Moment zu Hause. Ich geh die Treppen runter und von da an kann alles kommen, defekte Wasserhähne, nicht gemachte Hausaufgaben, noch schnell einkaufen gehen, weil etwas fehlt. Es sind nur ein paar Minuten, allein und ohne angesprochen zu werden. Die Zeit zum Übergang zwischen den Atmosphären. Die brauche ich. Ich kann nicht im Anzug den Abendbrottisch decken.
Norbert W., 56 J.
Bei mir ist es das Chorsingen. Wenn man als eine Stimme von mehreren im Klang aufgeht. Und einen klitzekleinen Anteil hat an der absoluten Schönheit der Musik… dann fallen die Anforderungen des Alltags ab und ich bin da im hier und jetzt.
Sina H., 26 J.
Mein Glück heißt "Rur". Ein Fluss, der seine Quelle im Hohen Venn in Belgien hat und nach 165 Kilometern in Roermond in den Niederlanden in die Maas mündet. Die Rur fließt durch die Eifel und so
auch durch meinen Heimatort Kreuzau. Früheste Kindheitserinnerungen sind mit diesem Fluss verbunden. Im Hochsommer an der Hand meines Vaters über das Wehr laufen. Steinchen auf dem Wasser tanzen
lassen im Frühling und im Herbst. Tuscheln und Kichern mit meinen zahlreichen Cousinen während der Ferien ... auf einer Decke und Broten und Süßigkeiten. Schlauchboot und Luftmatratze, Kartoffelsalat
und Würstchen ... und die Geschichten meines Vaters aus seiner Kindheit. Das erste Mal Schule schwänzen ... die erste Zigarette. Mädelsspaziergänge mit Gesprächen über Jungs. Der erste Liebeskummer.
Lagerfeuer und Gitarrenmusik. Die Rur ist mir eine treue Begleiterin seit Jahrzehnten. Es kamen die "coolen" Jahren. Raus aus der engen Provinz. Heimat und Rur waren uncool. Ich habe oft von beiden
geträumt. Heute verbringe ich wieder viel Zeit an der Rur. Fahre ihrem Verlauf entlang mit dem Rad zur Arbeit und wieder zurück. Durchatmen, in die Pedale treten und den Stress des Tages hinter mir
lassen. Ich fahre die Strecke, die auch mein Vater so oft gefahren ist ... und denke oft an ihn. Ich erinnere seine Erzählungen, und manchmal habe ich das Gefühl, er ist noch da.
Ursula Weyermann
Mein Glück ist mein Radl. Ich treibe verschiedene Sportarten, aber mit meinem Rad durch die Berge ist der größte Kick. Ich nehme es auch mit, wenn ich für den Job verreisen muss. Ich könnte in ein
Leihrad nicht das Vertrauen haben, es wäre nie dasselbe mit einem anderen Rad.
Es ist die Luft, die karge Landschaft, das Risiko, es geht oft nur um Zentimeter, ob man abstürzt, dass es nur auf mich ankommt.
Dominic, N., 32 Jahre
Ich steh mit meinen Kindern am tief verschneiten Hang - 40 cm unberührter Pulverschnee - wir sind die Ersten - es ist kalt und still, der Schnee glitzert in der Morgensonne - dann gleiten wir in den Hang, schweben durch den Pulverschnee - völliges Loslassen - nur Glücksgefühl
:-)
U. Nemo, 56 Jahre
Das Schönste ist, wenn ich auf der Bühne stehe mit meinem Instrument. Alle hören mir zu. Wenn der Applaus kommt, ist es wie tausend Küsse bekommen oder wie goldene Schneeflocken, die auf mich
runterfallen. Alle Leute schauen mich an. Sie klatschen nur für mich. Es kribbelt auf der Haut und mir wird innen warm und dann ganz heiß. Ich möchte nie wieder runter von der Bühne. Ich muss
natürlich weggehen, weil ja dann die anderen kommen.
Janina T., 9 Jahre
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